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10 Juli 2015

Keine Kündigung wegen Entwendung geringwertiger Sachen

ArbG Hamburg, Urteil vom 10. Juli 2015, Az. 27 Ca 87/15

Keine Kündigung wegen Entwendung geringwertiger Sachen

Außerordentliche und ordentliche Kündigungen wegen sogenannter Bagatell-Delikte sorgen immer wieder für Schlagzeilen. In diesem Zusammenhang sorgte der Fall der Supermarkt-Kassiererin Emmely vor einigen Jahren für Aufregung. Letztlich konnte die Verkäuferin, der vorgeworfen worden war, zwei ihr nicht gehörende Pfandbons für Leergut im Wert von 1,30 € eingelöst zu haben, wieder auf ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte mit seiner Entscheidung vom 10.06.2010, Az. 2 AZR 541/09 festgestellt, dass die Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hatte.

Im Jahr 2015 hatte das Arbeitsgericht Hamburg über einen vergleichbaren Fall zu entscheiden. Es ging in diesem Rechtsstreit um Kündigungen, die wegen der Entwendung von acht halben Brötchen ausgesprochen worden waren. Die Klägerin war Krankenschwester und hatte aus einem Kühlschrank Brötchen entnommen und mit Kollegen in einem Pausenraum verzehrt. Es war streitig, ob der Verzehr der Brötchen nur externen Rettungskräften zustand.

Zunächst stellte das Gericht klar, dass zu prüfen war, ob der Pflichtverstoß an sich geeignet war, einen wichtigen Grund darzustellen, der eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen könnte. Das Gericht meinte hierzu, dass vom Prinzip her auch die Entwendung von geringwertigen Sachen des Arbeitgebers eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen könne.

Jedoch müsse im konkreten Einzelfall geprüft werden, ob eine Kündigung das rechtlich zulässige Mittel sein.

Im Rahmen der anzustellenden Interessenabwägung beachtete das Gericht, dass das Arbeitsverhältnis knapp 23 Jahre beanstandungsfrei bestanden hatte. Auch war zu berücksichtigen, dass die Klägerin den Pflichtverstoß nicht heimlich begangen hatte. Das Gericht führte zugunsten der Klägerin auch deren Unterhaltsverpflichtungen gegenüber minderjährigen Kindern genauso in Feld wie den Umstand, dass die Klägerin alleinerziehende Mutter ist.

Eine Abmahnung hätte im konkreten Fall als milderes Mittel gegenüber der Kündigung ausgereicht. Eine solche Abmahnung wäre geeignet gewesen, das durch die Handlung zerstörte vertrauen wieder herzustellen.